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Gottesurteile der Germanen


Der Zweikampf als Gottesurteil

Im völligen Gegensatz zu unserer heutigen Praxis war das Rechtswesen der alten Germanen komplett schriftlos. Sie kannten weder beglaubigte Urkunden noch Aktenbelege. Stattdessen wurden Verträge mit persönlichen Eid geschlossen und bezeugt.

Dieses System konnte nur funktionieren, wenn die persönliche Integrität der Eid-Schwörenden stets garantiert blieb. Daher besaß der Eid eine sakrale Dimension. Wer den Eid brach – oder einen Meineid leistete – machte sich nicht gegenüber den Menschen, sondern gegenüber den Göttern strafbar.

Das germanischen Sozialsystem war ein Kastenwesen aus Adel, Freien und Unfreien. Es kannte folglich auch keine individuelle Gleichheit vor dem Gesetz.

Innerhalb der Familie besaß das männliche Oberhaupt die jede Gewalt bis hin zur Entscheidung über Leben und Tod. Die Rechtsprechung bei „öffentlichen Belangen“ oblag dem Thing, der Volksversammlung der freien, waffenfähigen Männer. Den Vorsitz führten dabei Adlige und Priester.

Die Strafen, aber auch die Möglichkeiten der Verteidigung vor Gericht, hingen infolgedessen sehr vom Einfluss und Reichtum des Angeklagten und dem seiner Sippe ab. Ein Adliger, dessen Schwur Gewicht besaß und der auf viele Parteigänger zählen konnte, vermochte seine Anliegen logischerweise besser durchzusetzen, als ein normaler Krieger.

Dennoch kam es immer wieder vor, dass bei Streitfällen „Aussage“ gegen „Aussage“ stand. In solchen Fällen griff man auf ein Gottesurteil zurück. Der Gedanke dahinter war, dass die Entscheidung, wessen Aussage den „Meineid“ darstellte, nicht in menschlichem Ermessen lag, sondern einem göttlichen Richter zustand.

Die göttliche Meinung ermittelte man im Zweikampf. Die Wahl der Waffen variierte und der Zweikampf wurde nicht überall zwangsläufig auf Leben und Tod geführt. Jedoch ging der Verlierer des Kampfes unvermeidlich auch als Verlierer des Rechtsstreites vom Platz.

Als unabdingbare Vorraussetzung für ein solches Gottesurteil galt soziale Gleichwertigkeit der Kontrahenten. Der – auch als „Holmgang“ - bekannte gerichtliche Zweikampf war einzig freien, waffenfähige Stammesmitgliedern vorbehalten. Diese Auffassung hat sich bis in die Duelle der Neuzeit erhalten, wo nur „satisfaktionsfähige“ Herren gegeneinander antreten durften.

Zweikämpfe blieben viele Jahrhunderte Entscheidungshilfen bei Rechtsstreitigkeiten. Sie wurden erst mit dem Entstehen des modernen, bürokratisierten Justizwesens als Faustrecht geächtet. Noch im 13. Jahrhundert benennt der Sachsenspiegel - das einflussreichste Rechtsbuch des deutschen Mittelalters - das ritterlichen Duell vor Gericht als üblichen Rechtsweg. Der Sachsenspiegel verweist sogar darauf, dass Witwen und Waisen professionelle „Stellvertreter“ für sich kämpfen lassen konnten.
 
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